Die Berufsgenossenschaft und die Fahrgemeinschaft
Weicht der Fahrer eines Fahrzeugs einer Fahrgemeinschaft von dem versicherten Weg ab, ohne dass die übrigen Fahrzeuginsassen Einfluss auf seine Entscheidung nehmen können, so stehen sie im Fall eines Unfalls unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Das geht aus einem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 30. September 2015 hervor (L 3 U 109/13).
Der Kläger war als Mitglied einer beruflichen Fahrgemeinschaft Opfer eines Unfalls geworden.
Unfall in Raststätten-Einfahrt
Er befand sich zusammen mit Kollegen auf dem Heimweg, als der Fahrer eine Autobahnraststätte ansteuerte, um etwas einzukaufen. Zu diesem Zeitpunkt schlief der Kläger auf dem Beifahrersitz des Fahrzeugs.Er wurde erst wach, als das Auto in der Einfahrt zu der Raststätte ins Schlingern geriet und gegen ein anderes Fahrzeug prallte.
Wegen seiner bei dem Unfall erlittenen Verletzungen wollte er die Berufsgenossenschaft in Anspruch nehmen. Die lehnte es jedoch ab, den Unfall als Wegeunfall anzuerkennen.
Das begründete sie damit, dass der Fahrer des Fahrzeugs aus eigenwirtschaftlichen Gründen von dem direkten Wege zwischen der Arbeitsstätte und der Wohnung des Klägers abgewichen sei. Es bestehe daher kein Versicherungsschutz. Der Umstand, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt geschlafen habe, ändere daran nichts.
Fehlende Möglichkeit der Einflussnahme
Dieser Argumentation wollten sich die Richter des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen jedoch nicht anschließen. Sie gaben der Klage des Unfallopfers gegen den gesetzlichen Unfallversicherungs-Träger statt.
Nach Ansicht des Gerichts mag es zwar sein, dass der Fahrer des Fahrzeugs aus eigenwirtschaftlichen Gründen von dem versicherten Weg abgewichen ist. Weil der Kläger zu diesem Zeitpunkt geschlafen habe, habe er jedoch keinerlei Einfluss auf die vor Fahrtantritt nicht abgesprochene Entscheidung gehabt. Daher sei zumindest für ihn der Versicherungsschutz nicht unterbrochen gewesen.
„Abgesehen davon, dass der Kläger auf der Abfahrt zur Raststätte ohnehin keinen Einfluss auf die Wegeabweichung mehr hätte nehmen können, war seine Handlungstendenz bis zum Unfall unverändert darauf gerichtet, nach Hause gefahren zu werden. Demzufolge ist auch sein Versicherungsschutz erhalten geblieben“, heißt es dazu in der Urteilsbegründung.
Das Gericht hat sich damit einer gleichlautenden Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen. Es sah keine Veranlassung, eine Revision zum Bundessozialgericht zuzulassen.
http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=JURE160004443&psml=bsndprod.psml&max=true
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